Die Bentheimer Eisenbahn eröffnet das weltweit erste länderüberschreitende Containerterminal

von Roland Hertwig

Die Bentheimer Eisenbahn (BE) war schon immer eine besondere Bahn. Lange Zeit war sie die einzige Privatbahn Deutschlands, die eine grenzüberschreitende Strecke besaß. Nun hat sie an dieser Strecke auch ein grenzüberschreitendes Terminal eröffnet. Und es ist nicht das einzige Terminal der BE. Dabei liegt die Strecke in einem dünn besiedelten, industriearmen Gebiet und wäre als Staatsbahnstrecke sicher längst stillgelegt. Was bei einer Privatbahn anders läuft als bei der Staatsbahn soll am Beispiel der BE gezeigt werden.

Kein Interesse der Staatsbahn

Die Grafschaft Bentheim liegt im Nordwesten Deutschlands an der Grenze zu den Niederlanden. Sie war aufgrund der Grenznähe schon immer dünn besiedelt. So verwundert es nicht, dass diese Gegend für die Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen uninteressant war. Und es war eine niederländische Privatbahn, die Spoorweg-Maatschappij Almelo-Salzbergen, die die erste Eisenbahnstrecke in der Grafschaft baute. Sie schuf 1865 die grenzüberschreitende Strecke von Almelo/NL über Bentheim nach Salzbergen, wo Anschluss an die Hannoversche Westbahn und damit an das deutsche Eisenbahnnetz bestand. Durch diese Strecke, deren deutscher Teil 1927 von der Deutschen Reichsbahn übernommen wurde, war aber nur der Südteil der Grafschaft erschlossen. Mangels staatlichen Interesses am Bahnbau in dieser Gegend musste zur weiteren Erschließung der Grafschaft eine weitere Privatbahnstrecke entstehen. Dazu wurde die Bentheimer Eisenbahn gegründet (die allerdings bis 1924 Bentheimer Kreisbahn hieß) und fast ausschließlich dem Landkreis gehörte. Sie nahm in den Jahren 1896 bis 1910 in Teilabschnitten die 76 km lange Strecke Gronau - Bentheim (seit 1979: Bad Bentheim) – Nordhorn – Neuenhaus - Emlichheim – Laarwald – Coevorden/NL in Betrieb. Die Strecke wurde überwiegend zur Bedienung der Textilindustrie in Nordhorn sowie zur An- und Abfuhr landwirtschaftlicher Güter gebaut. 1914 entstand in Emlichheim eine 3 km lange Zweigstrecke zum dortigen Kanalhafen.

Nach dieser ersten Phase des Aufbaus schloss sich zwischen den beiden Weltkriegen eine Phase des Ausbaus und der Modernisierung an. 1925 bis 1929 wurden sieben moderne ELNA-Dampflokomotiven beschafft. 1928 kamen vier vierachsige Personenwagen sowie zwei Post-/Packwagen der Waggonfabrik Wismar hinzu, die seinerzeit das komfortabelste Wagenmaterial darstellten, was auf deutschen Privatbahnstrecken zu finden war. 1933 wurde der erste Triebwagen, ein Wismar-Schienenbus, beschafft.

Der grenzüberschreitende Personenverkehr zwischen Laarwald und Coevorden/NL musste mit Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 eingestellt werden und ist nach dem Krieg nicht wieder aufgenommen worden. Da die deutschen Truppen am Kriegsende die Drehbrücke in Coevorden gesprengt hatten, ruhte bis zum Wiederaufbau der Brücke im Jahre 1951 vorübergehend auch der grenzüberschreitende Güterverkehr.

Blütezeit dank Erdöl

Die Ölzüge der Bentheimer Eisenbahn AG waren lange Zeit des Rückrad des wirtschaftlichen ErfolgsErdölfunde im Raum Emlichheim und Osterwald ließen in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg den Ölverkehr zum Rückgrat des Verkehrs werden. Die hohen Einnahmen aus dem Ölverkehr ermöglichten die Modernisierung der Bahn. Der Personenverkehr wurde ab 1952 weitgehend auf Triebwagen umgestellt. Hierfür wurde in Bentheim eine neue Triebwagenwerkstatt gebaut. Gleichzeitig wurden alle Bahnhöfe modernisiert, im Bahnhof Nordhorn installierte man ein Gleisbildstellwerk. Für die Bahnübergangssicherung entstanden zahlreiche Blinklichtanlagen und Halbschranken.

Schon ab 1949 bemühte man sich, durch attraktiveren Personenverkehr mehr Fahrgäste auf die Schiene zu locken. So verkehrte ab 1949 ein BE-Kurswagen von Neuenhaus über Bentheim nach Hannover, zeitweilig sogar bis Helmstedt. Ab 1951 fuhr ein DB-Triebwagen als „Grenzland-Express“ von Bentheim über BE-Gleise nach Gronau und von dort weiter über Borken zum Niederrhein, wo der Zielbahnhof (z.B. Düsseldorf) mehrfach wechselte.

Die 1952 beschafften BE-Triebwagen durften zum Teil über Bentheim hinaus über DB-Gleise bis Rheine durchfahren. Der Kurswagenverkehr hielt sich – ebenso wie der „Grenzland-Express“ - immerhin bis 1965.

Zwischen 1953 und 1963 gab es darüber hinaus einen besonderen Kurswagenverkehr. In dieser Zeit pendelte ein Milchkesselwagen zwischen der Molkerei in Hestrup und Frankfurt/M Hbf, der bei der BE und DB in Reisezügen mitlief.

Die Blütezeit der BE währte nicht lange, denn der Bau zweier Pipelines in den Jahren 1953 und 1964 brachte erst den Rückgang und schließlich die Einstellung des durchgehenden Ölverkehrs. Seither wird Erdöl nur noch über 15 km zwischen Emlichheim und Osterwald befördert. Dabei benutzen die Ölzüge zwischen dem Bahnhof Esche und der Ölentladeanlage in Osterwald eine 3,9 km lange Anschlussbahn, die 1949 entstanden ist.

Das drohende Ende

In den 60er- und 70er-Jahren reduzierten auch andere wichtige Kunden der BE die Transporte über die Schiene. Einige Zahlen verdeutlichen diesen Rückgang des Güterverkehrs:
1962 - 871 800 t, 1965 – 432 500 t, 1976 - 397 100 t.

Der letzte Personenzug 1974 am Bahnhof Nordhorn. Im Hintergrund die Textilfabrik NINO.Der mit über 1 Million Fahrgästen pro Jahr recht starke Personenverkehr (überwiegend Arbeiter und Schüler) brachte aufgrund der Sozialtarife keinen Gewinn und wurde daher schrittweise in den Jahren 1965 bis 1974 auf Busse verlagert. Alle überzähligen Dieselloks und Triebwagen wurden verkauft (Dampfloks gab es schon seit 1969 nicht mehr bei der Bahn). 1975 blieb ein Rest von 4 Streckendieselloks und 3 Rangierloks übrig; zum Vergleich: 1963 waren es noch 3 Dampfloks, 8 Dieselloks und 5 Triebwagen.

Nach den fetten Öljahren, in denen die Bahn modernisiert worden war, fuhr die BE nun in die roten Zahlen. Wäre die BE-Strecke eine Staatsbahnstrecke gewesen, hätte dies wahrscheinlich die Einstellung des Güterverkehrs und das Ende der Strecke bedeutet.

Gewinnung neuer Kunden

Für eine Privatbahn ist der Betrieb auf der eigenen Strecke aber von existenzieller Bedeutung. Ein neuer Direktor wurde eingesetzt und brachte wieder Schwung in das Unternehmen. Die Kontakte zu Anschließern wurden intensiviert, um wieder mehr Transporte auf die Schiene zu verlagern. 1977 wurde in Nordhorn ein 3 km langes Anschlussgleis zum dortigen Gewerbe- und Industriepark (GIP) geschaffen, das zunächst nur geringes Verkehrsaufkommen hatte, heute aber mit Kies-Ganzzügen befahren wird.

Eine größere Steigerung des Transportvolumens konnte man aber erreichen, indem Kunden abseits der Schiene gewonnen wurden. So wurde ab Herbst 1979 Torf aus dem Raum Meppen per Container abgeholt und vom Nordhorner Containerkran auf die Schiene umgeschlagen. Der große Durchbruch gelang jedoch bei Verhandlungen mit holländischen Geschäftspartnern. Es kam ein Vertrag über die Abfuhr niederländischer Saatkartoffeln nach Italien zustande. So werden nun jedes Jahr in den Monaten November bis Januar Saatkartoffeln aus allen Bereichen der Niederlande per LKW nach Coevorden gebracht und dort in Kühlwagen geladen, die meist als Ganzzüge über die BE-Gleise bis Bad Bentheim gefahren und dort an die DB übergeben werden.

Im Bahnhof Nordhorn wird Kali entladenNoch bedeutender für die BE ist die Kooperation mit der niederländischen Zementindustrie. Ab September 1979 transportierte die BE Zement von den Zementwerken in Misburg, Lengerich, Ennigerloh, Neubeckum, Erwitte und Geseke bis Laarwald. Dort entstand innerhalb kürzester Zeit eine Umladeanlage mit Silos, die den Weitertransport per LKW zu den niederländischen Abnehmern ermöglichte. Seit Januar 2007 wird der Zement ausschließlich in Containern transportiert, die im Euroterminal Coevorden-Heege auf LKW umgeladen werden. Als neuer Versandort kam im August 2007 Deuna hinzu.

Probleme mit den großen Brüdern

Der steigende Güterverkehr brachte die BE ab 1978 wieder aus den roten Zahlen. Vergleicht man die Transportzahlen der folgenden Jahre miteinander: 1978 - 391 000 t, 1979 - 441 100 t, 1981 - 640 000 t (heute 1,25 Mio t !) - so sieht man, wie es mit der BE aufwärts ging. Aber zu jener Zeit war sie – wie alle Privatbahnen – sehr stark vom großen Bruder DB abhängig. Die DB änderte am 25. September 1981 die Leitungswege im Güterverkehr, übergab keine Güterwagen mehr in Gronau an die BE, sondern nur noch in Bad Bentheim. Dies war ein harter Schlag für die BE, denn sie hatte jährlich immerhin weit über 200 000 t Güter im Bahnhof Gronau übergeben bzw. übernommen. Die BE konnte in Verhandlungen mit der DB erreichen, dass sie als Ausgleich für die entfallenen Transportleistungen mit ihren Zügen bis Rheine Rbf durchfahren konnte. Somit kamen erstmals BE-Loks im Planverkehr auf DB-Gleisen zum Einsatz.

Der Streckenabschnitt Bad Bentheim - Gronau war nach dem Wegfall der Übergabemöglichkeit in Gronau weitgehend ungenutzt und wurde 1983 zwischen Achterberg und Gronau abgebaut. An das verbliebene Reststück wurde 1986 zwischen Achterberg und Ochtrup-Brechte eine 8,3 km lange Neubaustrecke gebaut. Sie schließt ein Bundeswehr-Gerätedepot an die BE-Strecke an. Vor der deutschen Wiedervereinigung wurde diese Strecke täglich befahren. Mit der Reduzierung der Bundeswehr nach 1989 ging hier das Verkehrsaufkommen zurück.

Ein Ölzug passiert den Bahnhof HestrupAuch mit dem großen Bruder NS gab es Probleme, da dieser den Güterbahnhof Coevorden schließen wollte. Um den grenzüberschreitenden Verkehr dauerhaft zu sichern hat die BE im Oktober 1987 den niederländischen Güterbahnhof samt Güterabfertigung übernommen. Mit der Eröffnung des Euroterminals wurde die Güterverladung vom Bahnhof nach dort verlegt. Zurzeit nutzt die BE im Bahnhof Coevorden nur noch ein Gütergleis für ihre Containerzüge nach Rotterdam. Da die Gemeinde 2017 das Areal des Bahnhofs komplett umgestalten will, werden sämtliche Gütergleise herausgerissen. Ersatzweise wird das Euroterminal mit einem neuen Gleisbogen samt neuer Drehbrücke an die Eisenbahnstrecke Emmen – Zwolle angeschlossen. Dadurch können die Containerzüge an Coevorden vorbei ohne Fahrtrichtungswechsel nach Rotterdam gelangen.

Lange Zeit war der Transport von Stückgut ein bedeutender Faktor im Schienengüterverkehr der BE. Doch auch hier war sie von der DB abhängig. Zunächst profitierte sie 1989 von der Neuordnung des DB-Stückgutverkehrs, da sie die Bedienung des Raumes Lingen neu hinzubekam. Als jedoch 1996 die Bahntrans gegründet wurde, verlor die BE den gesamten Stückgutverkehr auf der Schiene.

Investitionen in die Zukunft

Seit den 80er-Jahren bemüht sich die BE gemeinsam mit den Gemeinden Coevorden/NL und Emlichheim neue bahnaffine Betriebe entlang der Bahnstrecke anzusiedeln. Diese Bemühungen sind von Erfolg gekrönt. Im Laufe der letzten 20 Jahre entstand ein grenzüberschreitendes Industriegebiet mit dem Namen Europark. Hier siedelten sich zunächst im niederländischen Ortsteil Coevorden-Heege ein Logistikunternehmen und ein auf Kühltransporte ausgerichtetes Unternehmen an. Beide wurden gute Schienenkunden. Die Bentheimer Eisenbahn erwarb 1988 benachbart zu diesen Unternehmen ein 10.000 qm großes Grundstück und errichtete hier eine Containerumschlaganlage. In den Folgejahren entstand in mehreren Bauabschnitten ein internationales Güterverkehrszentrum für den kombinierten Verkehr Schiene/Straße, das bis heute von der 1993 gegründeten Euroterminal Coevorden B.V. betrieben wird. Gesellschafter der Betreibergesellschaft sind neben der Bentheimer Eisenbahn AG 13 niederländische Unternehmen aus der Speditions- und Verkehrsbranche. Die bestehende KLV-Anlage im Euroterminal verfügt über zwei Gleise mit einer Länge von über 200 Metern. Der Umschlag der Container geschieht mittels mobiler Kran-Fahrzeuge.

1995 wurde mit dem Bau eines neuen Güterbahnhofes in Nordhorn begonnen, der den Namen Nordhorn Süd erhielt. Hier entstand gleichzeitig der zentrale Betriebshof der BE, in dem die Verwaltung sowie die Werkstatt für die Eisenbahnfahrzeuge und Busse zusammengefasst wurden. Die Anlagen konnten 1997 in Betrieb genommen werden. Gleichzeitig wurden die entsprechenden alten, nun arbeitslosen Anlagen in Bad Bentheim, Nordhorn und Neuenhaus vermietet. Mieter des Rundlokschuppens und der Werkstatt in Neuenhaus wurde der Grafschafter Modell- und Eisenbahnclub (Graf MEC). Er kümmert sich um den Erhalt dieser historischen Gebäude sowie historischer Eisenbahnfahrzeuge. Mehrmals im Jahr – vor allem in der Nikolauszeit – setzt er Sonderreisezüge auf der BE-Strecke ein, so dass wenigstens in geringem Maße wieder Schienenpersonenverkehr bei der BE stattfindet.

Die ersten Jahre des neuen Jahrtausends sind gekennzeichnet durch die Ausweitung der BE-Schienenverkehrsaktivitäten auf DB-Gleisen. Die Zementzüge werden nicht mehr an die DB übergeben. Vielmehr wechselt ein Teil der Wagen in Münster zur WLE über. Der Rest wird von BE-Loks selbst zu den Zementwerken in Lengerich und Deuna gebracht. Zusätzlich zum Erdöl, das im Binnenverkehr transportiert wird, wird Erdöl von BE-Loks in Ganzzügen von Barnstorf zur Raffinerie in Lingen-Holthausen gebracht. Heute kommen BE-Loks auch wieder nach Gronau, obwohl die eigene Strecke dorthin abgebaut ist. Nach der Betriebseinstellung der Ahaus Alstätter Eisenbahn hat die BE die Bedienung derer Kunden in Gronau und Ahaus übernommen, wozu die DB-Strecken Münster – Gronau und Lünen Süd – Ahaus befahren werden.

Aber diese Aktivitäten auf den Gleisen des großen Bruders haben nicht zur Vernachlässigung der eigenen Anlagen geführt. Im Gegenteil: 2002 entstand auf dem Gelände des zentralen Betriebshofes in Nordhorn das „Grafschafter Logistikzentrum (GLZ)“. Im GLZ findet Umschlag von Gütern von der Straße auf die Schiene statt. Hier wird aber auch Stückgut per LKW versandt. Nach dem Wegfall des Stückgutverkehrs auf der Schiene hat sich die BE der VTL (Vernetzte Transport Logistik GmbH) angeschlossen, einem Zusammenschluss von 85 deutschen und 15 internationalen Speditionen. So kann die BE weiterhin am Stückgutverkehr teilhaben. Da die 2002 erbaute Logistikhalle mit einer Fläche von 2800 Quadratmetern nach kurzer Zeit schon zu 100% ausgelastet war, entstand 2006 ein Erweiterungsbau mit 3400 Quadratmetern Fläche.

Der BE-Containerzug trifft aus Rotterdam in Coevorden einDie größte Einzelinvestition in der nunmehr 112jährigen Geschichte der BE war aber der Bau des Euroterminals II in Coevorden-Heege. Hier wurden in den Jahren 2006 und 2007 insgesamt 12,5 Mio Euro investiert. In der bisherigen Umschlaganlage des Euroterminals Coevorden I wurden im Jahre 2005 rund 22.500 Ladeeinheiten umgeschlagen. Damit hatte sie ihre Kapazitätsgrenze weit überschritten. Neuverkehre verursachten einen unverhältnismäßigen Rangier- und Zwischenlagerungsaufwand. Durch die Neuansiedlungen der Firmen IAMS, einer Tochtergesellschaft der Firma Procter & Gamble, sowie der Spedition Nijhof-Wassink, hatte sich das Containeraufkommen sehr stark erhöht. Die Firma IAMS produziert jährlich rund 200.000 t Tierfutter und wird die Produktion in den kommenden Monaten noch deutlich erhöhen, da zukünftig auch der gesamte japanische Markt aus der Produktionsanlage in Coevorden versorgt werden wird. Ein Großteil der Hilfs- und Zuschlagsstoffe sowie der Fertigprodukte wird in Containern befördert.

Die Spedition Nijhof-Wassink hat eine große Siloanlage am neuen Hafen mit 45 Silos errichtet. Diese dienen der Zwischenlagerung von Kunststoffgranulaten. Der Transport erfolgt zum Teil in Silocontainern über die Schiene. Da eine Erweiterung des Eurotermals I aus Platzgründen am bestehenden Standort unmöglich war, entstand südlich der bisherigen Container-Umschlaganlage unmittelbar am Streckengleis der Bentheimer Eisenbahn ein gänzlich neues Terminal. Das neue Terminal ist grenzüberschreitend angelegt und liegt somit zum Teil auf niederländischem und deutschem Grundgebiet. Die Umschlaganlage erhielt zwei je rund 650 m lange Ladegleise, ein Einfahr- bzw. Ausfahrgleis mit einer Nutzlänge von rund 640 m, ein Abstellgleis für Leerwagen sowie Schadwagen, ein Anschlussgleis zum neuen Hafen sowie eine Lade- und Abstellfläche in einer Größe von rund 29.000 qm mit entsprechenden Fahr- und Ladespuren zwischen den beiden Ladegleisen. Für den Umschlag steht ein mobiler Kran (Reachstacker) zur Verfügung. Die Kapazität der Anlage beträgt 200 Ladeeinheiten je Verkehrstag. Der Bau des KV-Terminals wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und vom Samenwerkingsverband Noord-Nederland gefördert.

Nachdem am 27. September 2006 der erste Spatenstich der Anlage gefeiert wurde, zu der ein Dampfzug mit 24 009 verkehrte, erfolgte am 19. Oktober 2007 die Eröffnungsfeier. Am 21. Oktober hatte die Bevölkerung die Möglichkeit, von Nordhorn aus per Sonderzug ins Terminal zu gelangen. Hierzu pendelte eine LINT-Triebwagengarnitur der niederländischen Privatbahn Syntus über die BE-Strecke.

In unmittelbarer Nachbarschaft des Terminals hat sich das Unternehmen BBE Bewehrungs- und Betoncenter Europark niedergelassen. Dieses ist mit zwei Anschlussgleisen am BE-Streckengleis angeschlossen worden und erhält wöchentlich zwei bis drei Ganzzüge mit Kies. Mit einer Zuglast von 2750 t sind dies die schwersten Züge, die die BE je zu befördern hatte. Das gleiche Unternehmen baut zurzeit eine Müllverbrennungsanlage, die im November 2007 in Betrieb gehen soll. Auch diese Anlage wird ein Anschlussgleis erhalten und wird das Transportaufkommen der BE weiter steigern. Somit ist absehbar, dass die BE in Kürze das höchste Güterverkehrsaufkommen ihrer Geschichte erzielen wird.

Stabil dank vieler Standbeine

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Bentheimer Eisenbahn neben dem Eisenbahnverkehr weitere Standbeine zugelegt hat, um auf einer sicheren finanziellen Basis zu stehen.

Die Bentheimer Eisenbahn AG ist Mehrheitsgesellschafter der Verkehrsgemeinschaft Grafschaft Bentheim, die die derzeitigen Konzessionen für den allgemeinen Linienverkehr im Bereich des Landkreises Grafschaft Bentheim hat. Und so fahren die Linienbusse der BE auf der „Hauptstrecke“ Neuenhaus – Nordhorn – Bad Bentheim im 30-Minuten-Takt. Ein Teil dieser Busse führt an Wochenenden und in Ferienzeiten Fahrradanhänger mit. Auf Nebenstrecken verkehren die Busse seltener. Schwach besiedelte Teile der Grafschaft werden per Rufbus versorgt.

Zusätzlich setzt die BE Reisebusse im Touristikverkehr ein. Schon seit Dezember 1990 gehört die BE als Gesellschafter zur „EuroStar-Touristik-Gruppe“ in Lingen. Dieser Zusammenschluss erfolgte seinerzeit, um dem Kunden ein vielseitigeres Reiseprogramm anbieten zu können als es ein Reiseveranstalter allein könnte. Unter anderem zur Vermarktung dieser Busangebote hat sich die BE ab 1979 fünf Reisebüros zugelegt.

Um auch an der Entwicklung im Straßengüterverkehr teilzuhaben, hat die BE 1958 die Tochtergesellschaft Kraftverkehr Emsland GmbH gegründet. Sie ist heute überwiegend im Stückgutverkehr tätig. Für die Wartung und Reparatur von Bussen und LKW wurde die Tochtergesellschaft Nutzfahrzeuge GmbH geschaffen.

Die BE heute

Der erste Containerzur von Rotterdam nach MalmöBetrachtet man die Gleise der BE, so fällt ein Unterschied zu vielen Nebenstrecken der DB auf. Die Gleise weisen auf großen Abschnitten moderne Y-Stahlschwellen auf und sind auf gesamter Länge für Achslasten von 22 t zugelassen. Auch wenn die Einstellung des Schienenpersonenverkehrs schon 1974 erfolgte, säumen in Bad Bentheim Nord, Quendorf, Hestrup, Nordhorn, Neuenhaus, Emlichheim, Vorwald und Laarwald noch Bahnhofsgebäude die Strecke. Sie sind allesamt in gutem Zustand, denn die BE hat sie an Mieter oder Käufer vergeben, die sich um deren Erhalt bemühen. Das ehemalige Direktionsgebäude und der ehemalige Triebwagenschuppen in Bad Bentheim sind an Investoren verkauft worden, die sich um den Erhalt und die Neunutzung der Gebäude kümmern.

Für den Eisenbahnbetrieb werden heute nur noch die neuen Gebäude in Nordhorn Süd (Zentraler Betriebshof) und Coevorden-Heege (Euroterminal II) genutzt.

Der Bahnverkehr wird heute überwiegend mit Ganzzügen abgewickelt:
- Kieszüge zu den Entladeanlagen in Coevorden-Heege und Nordhorn GIP
- Ölzüge Emlichheim – Osterwald und Barnstorf – Lingen-Holthausen
- Containerzüge Malmö/Rotterdam – Bad Bentheim Nord - Coevorden-Heege
- Tierfutterzüge Pinnow – Coevorden-Heege
- Getreidezüge Ungarn – Coevorden-Heege
- Düngemittelzüge zu verschiedenen Empfangsorten
- Holzzüge von den Bahnhöfen Coevorden-Heege oder Bad Bentheim Nord

Die übrigen Güter werden von den planmäßigen Güterzügen mitgeführt.

Der Lokomotivpark umfasst derzeit 8 Dieselloks und eine Ellok.

Betr.-Nr.

Achsf.

Hersteller/Baujahr/Fabr.-Nr.

Typ/Leistung

Bemerkungen

D 4

B

O&K 1969/26458

Köf III 176 kW   

2003 ex DB 335 099

D 5

Co

Gmeinder 1990/5692  

DE500 500 kW

2005 ex MVG 8

D 20

B’B’

Kr.-Maffei 1965/19267 

V200.1/1985 kW 

2007 ex Arriva, ex DB V200 147

D 21’’  

B’B’

Deutz 1962/57362

V100/992 kW

1995 ex On Rail

D 22

B’B’

MaK 1972/800180

G1100BB/809 kW

 

D 23

B’B’

MaK 1980/1000790

G1202BB/1000 kW

„Landkreis Grafschaft Bentheim“

D 24

Bo’Bo’

MaK 1983/1000795

DE1002/1119 kW

„Neuenhaus-Veldhausen“

D 25

B’B’

Jung 1962/13472   

V100/992 kW   

1990 ex DB 211 345

E 01

Bo’Bo’

Alsthom 1982

Reihe 1800/4600 kW

2011 ex NS 1835

Stand Februar 2015

Hiervon besitzen die Loks D 4, D 5, D 20, D 21 und D 24 Funkfernsteuerung. Genau genommen hat die BE noch eine weitere Lok. Hierbei handelt es sich um eine ehemalige Werkbahndampflok, die gekauft worden ist, um sie zusammen mit einem historischen BE-Güterwagen als Denkmal vor einem historischen Stellwerk auf dem Zentralen Betriebshof der BE in Nordhorn Süd aufzustellen: Bn2t O&K 1912/5333 ex Schwelmer Eisenwerke (ursprünglich Spurweite 900 mm)

Fazit: Wie man sieht, kann man auch auf einer Nebenstrecke mit viel Engagement ein großes Verkehrsaufkommen im Güterverkehr erzielen. Und vielleicht gibt es eines Tages auch wieder SPNV auf BE-Gleisen. Die Bentheimer Eisenbahn AG, der Landkreis Grafschaft Bentheim mit allen Städten und Gemeinden arbeiten daran.

Grafschafter Modell- und Eisenbahn-Club e.V.
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